Spielverlauf auf den Kopf gestellt

13.12.2019 00:42 // kk

Wenn der favorisierte Gegner aus Hannover erst in der 56. Minute erstmalig in Führung gehen konnte, dann haben die Eulen über weite Strecken des Spiels vieles richtig gemacht, auch wenn am Ende eine weitere bittere Niederlage stand.

Trainer Ben Matschke musste auf Dominik Mappes verzichten, der mit einem Muskelfaserriss passen musste, aber die Mannschaft kompensierte den Ausfall durch einen couragierten Auftritt von Beginn an, hatten den besseren Start in die Partie und lagen nach fünf Minuten mit 4:1 in Front. Die Gäste aus Hannover verzweifelten früh an Torwart Gorazd Skof, der reihenweise beste Chancen parieren konnte und seiner eigenen Mannschaft von Minute zu Minute mehr Sicherheit gab. Als Freddy Stüber in der 21. Minute das 9:5 erzielte, war kaum noch zu erkennen, wer gegen den Abstieg spielt und wer mit ganz anderen Ambitionen angetreten war. Vier Minuten vor der Pause erhöhte Max Neuhaus mit einem verwandelten Siebenmeter auf 11:6 und eine überraschende Halbzeitführung für die Eulen zeichnete sich ab. Recken-Trainer Carlos Ortega zog die Auszeit und mit einem 4:0-Lauf konnte Hannover bis zur 30. Minute auf 11:10 verkürzen. Vielleicht war diese kurze Schwächephase vor der Pause der Schlüssel zum späteren Sieg der Hannoveraner.

Auf Morten Olsen mussten die Gäste in der 2. Halbzeit verzichten. Der Weltmeister hatte sich am kleinen Finger der Wurfhand verletzt und konnte nur noch zuschauen. Vor 2063 Zuschauern blieb es weiter eng und spannend. In der 38. Minute konnte Hannover beim 15:15 zum ersten Mal seit dem 1:1 in der Anfangsphase den Ausgleich erzielen. Jetzt drohte ein Bruch im bis dahin guten Spiel der Eulen, die sich aber weiter auf Gorazd Skof im Tor verlassen konnten, der mit vielen Paraden seine Mannschaft nicht nur im Spiel hielt, sondern das gerade schwindende Selbstvertrauen wieder aufbauen konnte. Und so konnten die Eulen bis zur 50. Minute mit einem 5:2-Lauf beim Stand von 22:19 wieder auf drei Tore ausbauen. Jetzt wankte der Favorit, fiel aber nicht. Nach zwei kurz aufeinander folgenden Zeitstrafen gegen Kai Dippe und Azat Valiullin brachte Timo Kastening mit zwei verwandelten Siebenmetern auf 22:21 heran und erzielten durch Patrail den Ausgleich. Zu diesem Zeitpunkt schlichen sich wieder viele Fehler in das Offensivspiel der Eulen und so war es dem bis dahin gut aus dem Spiel genommenen Fabian Böhm vorbehalten beim Stand von 22:23 in der 56. Minute die erste Gästeführung zu erzielen. Ben Matschke zog die Auszeit und Jerome Müller traf anschließend zum 23:23-Ausgleich. Die Eulen versuchten es mit dem siebten Feldspieler, aber jetzt zeigte sich die Klasse und Routine der Recken, die zweimal ins leere Tor trafen und so zu einem sehr glücklichen 24:26-Sieg kamen.

Wieder hat die Mannschaft von Trainer Ben Matschke eine gute Leistung gezeigt. Vor dem Spiel hätten die meisten Eulen-Fans dieses knappe Ergebnis wahrscheinlich sogar unterschrieben und wären damit mehr als zufrieden gewesen, aber nach diesem Spielverlauf war die Enttäuschung natürlich riesig. Trotzdem sollte man nicht vergessen, dass der Siebzehnte gegen den Vierten gespielt hat, auch wenn das über weite Strecken des Spiels nicht zu sehen war. Natürlich ist es bitter, wenn die Leistungen jetzt schon seit Wochen nicht mit Punkten belohnt werden. Aber nach der ersten Enttäuschung kurz nach Spielende gingen bei den Spielern die Köpfe schnell wieder nach oben, auch wenn Aufwand und Ertrag im Moment in keinem Verhältnis stehen. Was Mannschaft und Trainerteam auszeichnet, ist es diese Niederlagen zu verarbeiten, sich schnell wieder neu zu motivieren und direkt nach vorne zu schauen. Und nach vorne bedeutet in diesem Fall das nächste Heimspiel gegen den deutschen Meister SG Flensburg-Handewitt.

 

Stimmen zum Spiel:

Ben Matschke:

„Jeder kann sich wahrscheinlich vorstellen, wie ich meine Mannschaft jetzt vorfinde, speziell nach den engen Spielen und Ergebnissen der letzten Wochen. Trotzdem geht erst mal ein Lob an die Jungs, wie sie es auch heute wieder geschafft hat, Hannover ganz viel weg zu nehmen. Wir führen nach unfassbar guten ersten 25 Minuten mit 11:6, gehen dann aber nicht mit zwei oder drei Toren Vorsprung in die Pause, sondern mit 11:10. Das ist eine schwere aber auch lehrreiche Phase für meine junge Mannschaft und man hat gesehen, was Bundesliga und auch Schlussphasen bedeuten. Für mich ist nicht entscheidend in der 47. Minute ein Tor zu machen, sondern dann in der entscheidenden Phase den Mut und die Reife zu haben mit Überzeugung und Einstellung vorne rein zu gehen, denn das ist die Entscheidung, ob man ein Spiel mit einem Tor gewinnt oder aus der Hand gibt. Es reicht nicht, jemanden frei zu spielen und sich darüber zu freuen, dass wir zu einer Chance gegen Hannover kommen, sondern es ist nur dann eine Weiterentwicklung, wenn wir die Tore dann auch machen. Diese Tore haben wir in der Schlussphase eben nicht gemacht und das ärgert mich. Das ist für alle im Moment sehr schmerzhaft, aber ich wünsche mi genau jetzt diese drei Prozent an Weiterentwicklung von meiner Mannschaft. Aber als Trainer muss ich trotzdem den Hut ziehen und Danke sagen, weil wir heute sehr viel richtiggemacht haben und vieles, was wir uns vorgenommen haben, auch aufgegangen ist.“

Kai Dippe:

„Wir spielen über fast 50 Minuten einen super Handball und führen 22:19. Dann sind wir aber nicht mehr gut in der Abwehr und machen vorne viele technische Fehler. Die zwei Minuten von mir gegen Böhm sind dumm und die darf ich nicht bekommen, denn das tut uns weh. Wir müssen in der Schlussphase einfach kühlen Kopf bewahren und konzentriert bleiben. Schon vor der Halbzeit führen wir mit 11:6, haben dann aber wieder schlechte Minuten, obwohl Gorazd auch in dieser Phase noch zwei, drei Bälle hält, gehen aber nur mit 11:10 in die Pause und das ist schade. Wir waren heute wieder nah dran und jeder sieht, dass wir in allen Bereichen in den letzten Wochen einen großen Schritt gemacht haben. Die Reise geht weiter, wir werden hart an uns arbeiten und dann schauen wir, dass wir die nächsten Spiele positiv gestalten können.“