Ein besonderer Abend, ein besonderes Spiel mit einer ganz besonderen Atmosphäre: Die Eulen Ludwigshafen haben am Dienstagabend 35:26 (16:9) gegen HC Motor Zaporizhzhia gewonnen. Die ukrainische Mannschaft spielt außer Konkurrenz in der 2. Handball-Bundesliga mit und ist in dieser Spielzeit Gast der Stadt Düsseldorf. In Ludwigshafen wurde das Team von gut 300 Landsleuten, die aus dem vom Krieg gebeutelten Land nach Ludwigshafen und in die Umgebung geflüchtet sind, begeistert unterstützt. Jedes Tor des HC Motor wurde gefeiert, viele ukrainische Fahnen geschwenkt.
Maria Korchak singt beeindruckend die ukrainische Hymne
Bewegend der Auftritt von Maria Korchak. Sie ist vor einem Jahr aus Kiew nach Mannheim geflüchtet. Die Sängerin ist Gaststudentin an der Musik-Hochschule Mannheim, ihr Bandura-Studium setzt sie per Fernstudium parallel fort. Nach dem Einlaufen der Mannschaften sang Maria Korchak mit ihrer wunderbaren, ausdrucksstarken Stimme die Hymne ihres Heimatlandes. Gänsehaut-Atmosphäre, als viele der gut 300 Flüchtlinge, die die Einladung der Eulen angenommen hatten, und die Spieler des HC Motor, mitsangen. „Sehr schön, wir waren gerne hier“, sagte Professorin Stefanie Krahnenfeld, die Maria Korchak begleitete und betreut, im Foyer der Halle aber auch über musikalische Angebote der Musik-Hochschule informierte. „Danke!“ Strahlend verließ Maria Korchak das Parkett. Als sie zwei Stunden vorher ein, zweimal in der fast noch menschenleeren Halle kurz probte, gab es begeisterten Beifall von einigen Motor-Spielern, die auf der Tribüne saßen. Beeindruckt auch Max Haider, der Kapitän der Eulen: „Stark.“
HC Motor ohne Torjäger Ihor Turchenko
„Heute steht die Freundschaft im Vordergrund“, sagte die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck in ihrer kurzen Ansprache vor Spielbeginn. Ihr Wunsch nach „einem salomonischen Unentschieden“ erfüllte sich nicht. Dazu war der Siegeswille der motivierten Eulen zu groß und dem HC Motor fehlte mit Ihor Turchenko der beste Werfer der Liga verletzt. Der 23 Jahre alte Halblinke hat 178 Treffer auf dem Konto. Erfolgreichste Werfer der Eulen sind Jannek Klein mit 122 Toren, Lion Zacharias (111/37) und Alexander Falk (108/3).
Torsten Lieberknecht fand’s gut
„Wir haben in der ersten Halbzeit viele Chancen von guten Positionen aus vergeben“, resümierte Gintaras Savukynas. Der Litauer, in Personalunion auch Nationaltrainer seines Heimatlandes, schwärmte von der „fantastischen Atmosphäre“ in der Ebert-Halle. Das empfand auch Torsten Lieberknecht, der aus Haßloch stammende Trainer des Fußball-Zweit-Bundesligisten SV Darmstadt 98 so, der mit seinen Brüdern Frank und Jürgen zu Gast war. „Ein tolles Spiel in toller Atmosphäre“, schwärmte der Erfolgstrainer, der mit den „Lilien“ auf Bundesliga-Kurs ist und in Ludwigshafen spürte, wie viel Sympathie er in der Pfalz genießt. Ungezählte Selfies wurden geschossen, der Coach war als Interviewpartner bei den Medien und als Gesprächspartner in der Halle und im VIP-Raum gefragt. Torsten Lieberknecht zeigte sich wie er ist: bodenständig, volksnah. „Ich hätte alle Lieder mitsingen können, die Texte kenn‘ ich alle“, verriet der bekennende Pfälzer. Gassenhauer wie „Auf ihr Brieder in die Palz“ sind ihm nicht unbekannt. In der erfolgreichen FCK-Jugend spielte er einst zusammen mit Eulen-Physio Christian Simon und dem heutigen FCK-Geschäftsführer Thomas Hengen in einer Mannschaft.
Der perfekte Geburtstag
Nach kurzer Anlaufzeit und dem 5:6 durch Kubatko übernahmen die Eulen im Spiel die Regie und dominierten die Partie. Herausragend der 32-Minuten-Auftritt von Kasper Manfeldt Hansen. Der Kreisläufer mit dem zupackenden Wesen stand in der Abwehr seinen Mann und warf mit 100-Prozent-Quote fünf Tore. Fünf von fünf – da strahlte der Däne, der so einen perfekten 20. Geburtstag feiern durfte. „Ja, das war schön“, sagte Hansen und genoss dann das Geburtstagsessen mit Mama, Oma und Opa, die aus Dänemark gekommen waren.
Starkes Debüt von Mihailo Ilic
Ein starkes Zweitliga-Debüt gab Mihailo Ilic, Leistungsträger in der Drittliga-Mannschaft des HLZ Friesenheim-Hochdorf. In der E-Jugend der TSG Friesenheim hat der Halblinke mit dem Handball begonnen und seither viel gelernt. Ilic warf vier tolle Tore, vier von vier ließen ihn strahlen. „Ich war sehr nervös“, bekannte das Talent, bedankte sich aber auch bei den Teamkollegen: „Sie haben mich gut unterstützt, mir so auch die Nervosität genommen. Es hat viel Spaß gemacht, ich hatte gar nicht damit gerechnet, so viel Spielzeit zu bekommen.“ Mit der Integration von Mihailo Ilic sieht Eulen-Coach Michel Abt nach dem Klassenverbleib des HLZ einen weiteren Beleg „für die in meinen Augen sehr gute Kooperation mit dem HLZ“. Abt, der vorschnelle Euphorie nach guten Leistungen von Kasper Manfeldt Hansen und Mihailo Ilic dämpfte, lobte aber auch: „Vier von Vier, das hat Mihailo super gemacht.“
Durak und Keskic mit Kempa erfolgreich
Auch Michel Abt würdigte den besonderen Geist, der bei dieser Partie herrschte. Die Eulen-Mannschaft verzichtete stilvoll auf die übliche Sieger-Humba. Der Coach sprach von einem „guten Handballspiel“, bei der er die Tiefe des Kaders nutzte. Matej Ašanin, Max Haider, Jan Remmlinger und Tim Schaller saßen auf der Tribüne, Pascal Bührer, Alexander Falk, Sebastian Trost und Žiga Urbič blieben 60 Minuten auf der Bank. Bester Werfer der Eulen war Jannek Klein (neun von zwölf). Das schönste Tor des Tages gelang Rechtsaußen Pascal Durak mit einem von Enes Keskic eingeleiteten Kempa-Trick. „In der Auszeit kurz vorher hatte ,Eno‘ mir gesagt, dass er das so spielen will. Zwei Minuten später hat er’s gemacht“, frohlockte Durak, der vier von fünf im Netz unterbrachte.
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Fotos: Harry Reis