Handball live mit Emotion und großem Fachwissen

26.10.2021 11:00 // hk

Handball spielt bei ARD und ZDF keine große Rolle. Leider! So gesehen ist das Engagement von Sky für Handball-Fans eine wunderbare Sache, die aber Geld kostet. Sky-Reporter waren gerne in der Ebert-Halle zu Gast bei den Eulen - vor allem vor Corona, als das einmalige Publikum die Halle rockte und zur Ebert-Hölle werden ließ. Sky aber überträgt nur Erste Liga. Nach dem Abstieg der Eulen bietet SportDeutschland.TV eine Alternative – zum Nulltarif. Der Streamingdienst zeigt alle Spiele der Zweiten Handball-Bundesliga live. Für die Übertragungen zeichnen die jeweiligen Heimvereine verantwortlich. Für die ersten vier Eulen-Heimspiele, die das Eulen-TV-Team um Karsten Knäuper auf den Bildschirm zauberte, gab’s viel Lob. Amateur-Fernsehen – professionell gemacht.

Ehrliche Emotionen und viel Fachverstand

Karsten Knäuper (52), seit 2019 im Medien-Team der Eulen engagiert, sammelt seit 2017 schon TV-Erfahrungen als Kommentator von Live-Übertragungen des Fußball-Oberligisten FC Arminia Ludwigshafen. Im Endspurt der letzten Saison war Knäuper mit viel Enthusiasmus zusammen mit Horst Konzok beim Eulen-Fan-Radio am Mikro. „Der Reiz ist groß – es ist immer noch Zweite Handball-Bundesliga. Es ist immer noch live“, beschreibt Knäuper seine Motivation für die TV-Übertragungen. Er versteht sachlich zu kommentieren, vermag Handballspiele zu lesen, ist nah dran am Eulen-Team. „Es ist ein Spagat – man muss bei allem Herz für die Eulen schon neutral kommentieren. Wir hatten beim ersten Saisonspiel ein tolles Feedback aus Hüttenberg.
Dort wurde anerkannt, dass wir das Spiel ohne Vereinsbrille, ganz fair kommentierten“, bilanziert Knäuper, der früher Fan-Betreuer beim Fußball-Zweit- und Drittligisten VfL Osnabrück gewesen ist, in Bad Dürkheim die Agentur ,,mittendrin“ führt. Aber Knäuper kann auch richtig „abgehen“, frei nach dem Motto „vun de Lung uff die Zung“. So wie in den letzten Sekunden beim Freitags-Krimi gegen Nordhorn. Noch vier Sekunden. Es steht 25:25. Die letzte Chance für die Eulen, zwei Punkte einzutüten. Knäuper und Co-Kommentator Malte Metz, der Coach der B1 des HLZ Friesenheim Hochdorf, sind „on fire“. Mehr Dramatik geht nicht. Metz: „Jetzt kommt Hendrik Wagner … Das ist die Frage, wen lässt du werfen: Wagner oder Salger, der schon einige Tore gemacht hat? Ich weiß es nicht …“ Knäuper: „Er lässt Salger werfen – glaube ich.“ Salger wirft – und trifft. Knäuper: „Jaaaaaa!!!!! Wir gewinnen das Spiel 26:25!!!! Was ist hier los? Was ist hier los?“ Metz: „Meine Fresse …“ Knäuper im Stil des legendären Herbert Zimmermann: „Wir drehen ein eigentlich verlorenes Spiel und gewinnen 26:25. Wahnsinn!“ Ehrliche Emotionen – herrliche Emotionen …

Karsten Knäuper setzt auf Teamwork am Mikro

Wichtig ist dem Reporter, einen „Co“ am Mikrophon zu haben. „Ich würde das niemals alleine machen“, betont Knäuper, der bei der Saison-Ouvertüre den damals verletzten Max Neuhaus an seiner Seite wusste. Beim Sieg gegen TV Großwallstadt war Thorsten Laubscher, der in 16 Zweitligajahren für die Eulen spielte, Co-Kommentator. Beim 23:24 im DHB-Pokal gegen GWD Minden übernahm Ben Steinhäuser vom Eulen-Sponsor HCL die Expertenrolle. Beim 26:25-Krimisieg gegen die HSG Nordhorn-Lingen fungierte B1-Coach Malte Metz als Co-Kommentator. Bei der kommenden Hausaufgabe gegen HSC 2000 Coburg am 10. November ist Lutz Albersmeier, Verkaufsleiter von Iveco Süd-West in Mannheim, der Kommentator an Knäupers Seite. Drei Tage später im Heimspiel gegen HC Elbflorenz 2006 heißt der Experte Uli Spettmann, als Kreisläufer eine Ikone der Eulen.

TV-Laien beweisen Professionalität

„Alle, die dabei sind, machen einen Riesenjob. Das ist Fernsehen – und wir alle sind Laien“, sagt Knäuper. Er darf stolz sein, wie professionell Laien Sport-TV machen. Im Zusammenwirken mit Julia Ost, verantwortlich für Heimspielorganisation und Events, musste die aufwändige Technik mitsamt den beiden Kameras angemietet werden. Mikros für die Interviews und ein zweiter Bildschirm für die Kommentatoren wurde eingekauft. Die Dienstpläne für die Fernsehmacher macht Juli Ost schlüsselfertig. In einem Schnellkurs mit SportDeutschland TV. wurden quasi über Nacht die Weichen für die Premiere gestellt. Ohne Probe, also von null auf 100, wurde gesendet. Es ging gut. Es ging sehr gut. Daran hat Denis Schultz, Mitarbeiter von der Marketingagentur ideenKiND, als „Technikchef“ seine Aktie. Mit Bierruhe und Fachverstand weiß er normalerweise jedes Problem zu lösen. Ina Bühl, die Praktikantin mit sprichwörtlich zupackenden Wesen, stellt die Grafiken zusammen – beispielsweise für die jeweilige Start-Sieben. Möglichst positionsgetreu, versteht sich. Als Handballerin, die bei den Bären in Ketsch auch in der Dritten Liga spielt, bringt Ina Bühl das entsprechende Fachwissen mit ein.

Ein Duo und ein Springer

Regie bei den Eulen-Spielen führt Harry Kärcher. Der 55-Jährige einstige Berufssoldat hat schon bei der Bundeswehr entsprechende technische Erfahrungen gesammelt. Eigentlich war Harry Kärcher im Fußball daheim. Im „Rheintal“, geführt von Eulen-Fan Mario Mayer in der Friedrich-Profit-Straße in Friesenheim, aber war (und ist) der Handball Thema. Mayer lotste Kärcher dann mal zu einem Eulen-Spiel - und da entflammte dessen große Liebe für die Eulen. Der Fan-Klub wurde zu einem Stück Heimat. „Ich wurde Fan, habe dann jahrelang für die Spieler die Videos über die Saison zusammengeschnitten“, erzählt der Pensionär. Karsten Knäuper kannte das Talent Kärchers, sprach ihn im „Behler Haisel“, einer zweiten Fan-Oase, an und weiß nun einen Regisseur mit Gespür am Schalpult. Mit ihm am Regiepult wirkt Lucca Großmann. Der 20-Jährige studiert Wirtschafts-Ingenieurwesen in Karlsruhe. Mit vier hat er bei der TSG Friesenheim mit dem Handball begonnen. „Ohne Handball geht es nicht mehr“, sagt Großmann, der jetzt Linksaußen in der vierten Mannschaft des HLZ in der Verbandsliga spielt. „Ich habe letztes Jahr zu Nico Hasert gesagt, wenn ihr Hilfe braucht, sag‘ Bescheid. Dann kam das mit Sport Deutschland.TV, Nico sagte: Wir brauchen Leute“, erzählt Lucca Großmann, der nach einem Gespräch mit Julia Ost zum Eulen-TV-Team gestoßen ist. Imponierend, wie perfekt Infos wie „Leeres Tor“, Ergebnisse, Werbung, Zeitlupen oder Zeitstrafen bei den Spielen eingeblendet werden. Zwei Kameramänner sind vom Regisseurs-Duo anzuleiten. Fällt Lucca Großmann – wie am Freitag im Spiel gegen Nordhorn wegen seines Studiums aus – springt Stephan Stelzer ein. Der 37 Jahre alte Software-Entwickler zählt seit 25 Jahren zum Eulen-Fan-Inventar. „Ich bin jetzt Springer, bin da, wenn einer ausfällt, jetzt in der Regie oder bei den Kameramännern. Und wenn alle da sind, bin ich an der Trommel“, verrät Stelzer, der für den Heimspiel-Hallen-Flyer die Porträts der Gästemannschaften schreibt. Aus seinen Beiträgen spricht Fachwissen.

Fans – Ordner - Kameramänner

Den gleichen Weg bei den Eulen gegangen sind Jürgen Geipel und Stefan Kraft, „beste Freunde“ aus Oppau. „Erst waren wir nur Fans, dann Ordner – und jetzt machen wir Fernsehen“, erzählen die Beiden hellauf begeistert. Geipel, bekennender Waldhof-Fan, spielte selbst Handball beim TB Oppau, hatte als Trainer dann auch Kraft unter seinen Fittichen. Der 52 Jahre alte Geipel, in der Werkstatt der Pfalz-Flugzeugwerke in Speyer tätig, ist der Mann an der Kamera 1, der sogenannten Führungskamera. Kraft, 43 Jahre, ist Berufskraftfahrer, und der Mann hinter der zweiten Kamera. Der Teamgeist im Eulen-TV-Team beflügelt die Fernseh-Neulinge merklich. „Mit den richtigen Leuten geht das“, sagt Geipel lachend. Weitere Herausforderungen sind angedacht. So sollen alsbald direkt nach Spielschluss Live-Interviews mit den wichtigsten, den entscheidenden Protagonisten folgen. Letzten Freitag wären das wohl Stefan Salger und/oder Max Neuhaus gewesen…