Zwei Punkte nach der Berg- und Talfahrt

24.02.2022 10:00 // hk

Der zweite Auswärtssieg der Eulen Ludwigshafen in dieser Saison kam trotz einer satten Fünf-Tore-Führung fünf Minuten vor Schluss in der Untermainhalle in Elsenfeld noch einmal in ernsthafte Gefahr. Und das kam so: Gunnar Dietrich sah in der 57. Minute Rot – eine nicht nachvollziehbare Entscheidung beim Stand von 27:23 aus Eulen-Sicht. Stefan Salger, der bei zehn Würfen sechs wunderbare Tore schoss, traf beim Stand von 27:24 die Latte (58.). Ein Treffer Christian Klimeks wurde nicht anerkannt. Mit einem 4:0-Lauf verkürzte der TV Großwallstadt am Mittwochabend gegen auf einmal überaus fahrige Eulen auf 26:27, 33 Sekunden vor dem Abpfiff erhöhte Alexander Falk mit seinem sechsten Treffer auf 28:26 für den Gast, 28 Sekunden vor dem Erklingen der Schlusssirene kassierte Klimek eine Zeitstrafe, Görkem Bicer traf vom Punkt: 27:28. Den Schlusspunkt aber setzte auf der Gegenseite Hendrik Wagner, der mit seinem neunten Treffer in letzter Sekunde den Endstand herstellte: 29:27 (14:13) gewannen die Eulen gegen Gastgeber TV Großwallstadt. „Wichtig, auch mal so ein Spiel zu gewinnen“, resümierte Trainer Ceven Klatt.

Zweimal fünf schwache Minuten

„Ich bin zufrieden, dass wir gewonnen haben. Ich bin nicht zufrieden mit den jeweils letzten fünf Minuten in jeder Halbzeit“, bilanzierte Eulen-Coach Klatt: „Bei 27:23 fünf Minuten vor Schluss muss ein Spiel durch sein. Das darf uns nicht passieren, dass wir es nochmal spannend machen.“ Die beiden Spielausfälle in Hüttenberg und gegen Dessau nannte Klatt „nervig“. Der Rhythmus ging nach dem erfolgreichen Start ins Jahr 2022 durch die unfreiwillige Pause verloren. „Man bereitet sich vor, dann kommt die Absage und man muss wieder versuchen, einen neuen Spannungsbogen aufzubauen“, erklärte der Eulen-Trainer. Klatt hofft, „dass wir jetzt von weiteren Spielausfällen verschont bleiben“. „Ich muss meiner Mannschaft ein Riesenkompliment machen, sie hat alles gegeben. Ich mache den Jungs keinen Vorwurf, wir müssen die Moral hochhalten, egal wer spielt“, sagte TVG-Coach Rolf Bader nach dem engagierten Kampf seiner ersatzgeschwächten Mannschaft.

TVG ohne Torjäger Jansen

Die Eulen mussten neben Pascal Bührer, Pascal Durak und Jannek Klein auch den verletzten Winter-Neuzugang Julius Meyer-Siebert verzichten. Beim TV Großwallstadt fehlten Rechtsaußen Pierre Busch und der zweitbeste Torschütze: Tom Jansen, der niederländische Nationalspieler, hatte sich im Abschlusstraining einen Muskelfaserriss in der Leiste zugezogen. „Tom hat in den letzten vier Spielen 40 Tore gemacht“, unterstrich TVG-Coach Bader die Bedeutung des Linkshänders, der mit dem VfL Gummersbach in Verbindung gebracht wird. Jansen hat 132 Saisontore auf dem Konto.

Hauchdünne Pausenführung

Es war nicht der Abend der Torhüter: Nach 20 Minuten und nur einer Parade hatte Jan-Steffen Minerva erst mal ausgespielt. Can Adanir kam, hielt bis zum nächsten Wechsel in der 53. Minute vier Bälle. Bei den Eulen machte Matej Ašanin nach 21 Minuten und nur einer Parade Platz für Žiga Urbič. Der parierte einen Wurf von Savvas Savvas, dem Top-Torjäger der Liga. Den Nachschuss aber nutzte Thomas Rink zum 10:11-Anschlusstreffer (25.). Es dauerte lange, ehe die Eulen Alex Falk auf Rechtsaußen ins Spiel einbezogen haben. In der 27. Minute traf er erstmals, brachte seine Mannschaft mit 12:10 in Front. Klasse der von Falk inszenierte Kempa-Trick, den Hendrik Wagner mit dem 13:11 veredelte. Nach Christian Klimeks Pass erhöhte Falk per Gegenstoß wohl auf 14:11, doch mit zwei weiteren Treffern brachte Savvas den TVG wieder heran. Die Pausenführung der Eulen hauchdünn: 14:13.

Strittige Entscheidungen

Nach dem Seitenwechsel war Matej Ašanin besser im Spiel. Er wehrte fünf Bälle ab – in ganz kritischen Phasen. Klasse seine Parade in der 31. Minute. Den folgenden Konter nutzte Alex Falk zum 15:13 für den Gast. Perfekt Ašanins Pass auf Falk, der den Tempogegenstoß mit dem 22:18 krönte (49.). Die Regelauslegung des Schiedsrichtergespanns mochte Ceven Klatt nicht kommentieren. Aber die Verteilung der Siebenmeter (7:1) und die Zahl der Zeitstrafen – acht Minuten für den TVG, 14 für die Eulen plus Dietrichs Rot – hat durchaus Aussagekraft.

Gegen Aue 2000 Zuschauer zugelassen

Den einzigen Siebenmeter der Eulen nutzte Hendrik Wagner nach Foul am starken Falk zum 26:22 - sieben Minuten vor dem Ende. Starken Momenten folgten in der Schlussphase – wie schon am Ende der ersten Halbzeit – leichtfertige Fehler der Eulen. So traf Marc-Robin Eisel wohl gekonnt zum 24:20, seinen Fehlpass in der gleichen Minute nutzte Bandlow zum 21:24 (50.). „Wir sind mit den zwei Siegen gut ins Jahr gekommen. Durch die zwei Wochen Pause sind wir etwas aus dem Rhythmus gekommen“, meinte Hendrik Wagner, der aus elf Würfen neun Treffer machte, nun 135 Tore auf dem Konto weiß. Die Torjägerliste führt Savvas Savvas mit 144 Treffern an, seine Mannschaft aber hat auch drei Spiele mehr ausgetragen als die Eulen. Ihr Spielmacher Jan Remmlinger (drei aus fünf) suchte mehrfach gekonnt wieder die Kreisläufer. Haider (2) und Klimek wussten aus den Anspielen Kapital zu schlagen. „Ja, das war zum Schluss ein bisschen Wildwest-Handball von uns“, gab Wagner zu und erklärte, warum es nochmal eng wurde. „Da war mein Prellball, da war, Haidis‘ Fangfehler. Das darf uns nicht passieren“, erklärte der Nationalspieler selbstkritisch, warum Großwallstadt noch einmal rankam und es letztlich ein Ziel-Foto-Entscheid wurde. Jetzt bleiben drei Tage Pause bis Sonntag, ideal zur Regeneration und Vorbereitung für das Heimspiel am Sonntag (16 Uhr) gegen EHV Aue. 2000 Zuschauer sind zugelassen.

Großwallstadt-Legende Klühspies 70

Der Mittwoch - ein besonderer Tag für den wohl größten Handballer in der Geschichte des TV Großwallstadt: Kurt Klühspies wurde 70. Der legendäre Linkshänder, Mitglied der Weltmeistermannschaft 1978 unter Vlado Stenzel, wurde mit dem TVH sechsmal deutscher Meister – einmal auf dem Feld, fünfmal in der Halle. Er gewann mit seinem Verein zweimal den Pokal, einmal den IHF-Cup und wurde mit dem TV Großwallstadt zweimal Europapokalsieger der Landesmeister. Nach 104 Länderspielen erklärte der 1,96-Meter große Klühspies wegen des Olympia-Boykotts 1980 tief enttäuscht seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft. Für seinen Verein erzielte er in 363 Bundesligaspielen 1226 Tore.

Statistik
TV Großwallstadt: Minerva (1. - 20., ab 53.), Adanir (20. - 53.) - Bandlow (1), Stark (3), Savvas (7/2) - Bicer (6/3), Eisenträger (3) - Corak (1) – Rink (3), Schauer (2), Babarskas, Klenk (1)

Eulen Ludwigshafen: Ašanin (1. - 21., ab 31.), Urbič (14. und 60. für einen Siebenmeter, 21. - 30.) - Salger (6), Remmlinger (3), Wagner (9/1) - Falk (6), Hofmann (1) - Haider (2) – Dietrich, Klimek (1), Meddeb, Neuhaus, Keskic, Eisel (1)

Spielverlauf: 0:1 (45. Sekunde), 1:3 (7.), 6:6 (17.), 8:11 (23.), 11:14 (28.), 13:14 (Halbzeit), 15:18 (35.), 16:19 (37.), 18:22 (45.), 20:22 (47.), 20:24 (50.), 22:26 (53.), 22:27 (55.), 23:27 (55.), 24:27 (57.), 25:27 (59.), 26:27 (60.), 26:28 (60.), 27:28 (60.), 27:29 (60.), 27:29 (Ende) - Siebenmeter: 7/6 - 1/1 - Rote Karte: Dietrich (57.) - Zeitstrafen: 4/7 - Zuschauer: 584 - Schiedsrichter: Hillebrand/Umbescheidt (Kaiserau).

(Fotos: Felix Müller)