Mit breiter Brust ist die Mannschaft des TBV Lemgo-Lippe am Sonntag (16 Uhr) in Ludwigshafen zu erwarten. Mit einem 28:23-Sieg gegen SC DHfK Leipzig verschafften sich die Ostwestfalen am Donnerstag ein ausgeglichenes Punktekonto und rangieren jetzt mit 20:20 Zählern auf Platz 12 in der Handball-Bundesliga. Die Eulen sind mit 9:31 Punkten Tabellensiebzehnter. „Großer Respekt, das war wirklich toll“, wird der Lobgesang von TBV-Coach Florian Kehrmann auf sein Team nach dem Heimsieg gegen die Sachsen zitiert. „Sie haben am Donnerstag gewonnen, sie haben einen Punkt in Flensburg geholt, sie sind gut in die Rückrunde gestartet. Sie sind sehr stabil, homogen, haben einen guten schnellen Gegenstoß, verteidigen mit ihren Spaniern sehr agil“, bemerkt Eulen-Coach Ben Matschke. Die spanischen Zwillinge Isaias und Gedeon Guardiola, inzwischen 36 Jahre alt, verkörpern mit ihrer Routine große Klasse. Und passen mit ihrer Mentalität perfekt nach Lemgo, urteilt Matschke. „Lemgo hat uns in den letzten Spielen immer maximal ernst genommen und war dann auch immer da“, sagt der Trainer der Eulen. Seit 2015 ist Andrej Kogut beim TBV, der bis 2015 vier Jahre als Mittelmann für die damalige TSG Friesenheim spielte. Die Partie in der Friedrich-Ebert-Halle leiten Jannik Otto (Syke-Barrien) und Raphael Piper (Kiel). Sky überträgt live. Reporter ist Markus Götz.
„Man lernt von den Besten“
Am Freitag stand bei den Eulen die Videoanalyse des 27:31 (15:15) verlorenen Derbys bei den Rhein-Neckar Löwen an. „Da gab es nicht nur Lob“, betont Coach Matschke. Wohl schoss sich seine Mannschaft dank eines auftrumpfenden Max Neuhaus mit der Variante des siebten Feldspielers wieder heran, aber kassierte auch drei Treffer im verwaisten Tor. „Ich war da auch nicht ganz zufrieden“, moniert Matschke: „Der Rückzug kam zu spät. Da darf man nicht irgendwelchen Bällen hinterher sehen.“ Die Analyse spart nichts und niemand aus: „Wir brauchen bessere Torhüterleistungen. Eine Parade in der zweiten Halbzeit – da kannst du nichts mitnehmen. Auch von außen darf es mehr sein! Du spielst gut, aber du finalisierst nicht. Man lernt von den Besten!“
Viel Arbeit für Christian Simons Team
Das Verletzungspech mag Ben Matschke nicht thematisieren. Dominik Mappes, des Trainers verlängerter Arm, schied schon nach acht Minuten in Mannheim mit einer Verletzung aus. Ihn hatte Jesper Nielsen gefoult, der sich sofort entschuldigte. Torhüter Gorazd Škof verließ drei Minuten vor Schluss das Spielfeld – Knieverletzung nach Karambolage mit Jannik Kohlbacher. Dem tat das offensichtlich leid. Er geleitete den schwer angeschlagenen Schlussmann zur Bank. Rechtsaußen Alexander Falk humpelte am Ende vom Feld – Knieverletzung. Viel Arbeit für Physio Tina Lerzer, die vor Ort war, und bis zum Spieltag für das komplette Team von Christian Simon. Gefehlt haben am Donnerstag im Derby krankheitsbedingt Torhüter Martin Tomovski und Rückraumspieler Azat Valiullin. „Fragezeichen gibt es nicht! Egal wer auf der Platte steht, wer dabei ist, der wird brennen. Wir sind als Mannschaft so gefestigt, wir sind als Mannschaft so intakt. Ich bin überzeugt, dass wir gegen Lemgo eine Riesenchance haben“, sagt Christian Klimek, der vier Jahre für Lemgo spielte. Dass das Derby in Mannheim verloren wurde, wurmt den Kreisläufer mächtig. Er will nicht auf andere zeigen, nicht Fehler von Kollegen thematisieren, nicht die Torhüterleistung, nicht vergebene Siebenmeter. Klimek fängt bei sich an: „Ich muss meine beiden freien Chancen nutzen!“ Übrigens: Im Hause Klimek ist Nachwuchs angesagt. Das zweite Kind wird im April erwartet. Die Freude ist groß!
Vertrauen in den Kader
Mögliche Ausfälle mag auch der gegen die Löwen so treffsichere Hendrik Wagner nicht dramatisieren. „Natürlich hoffe ich, dass alle Verletzten gut davonkommen und bald wieder dabei sein können. Aber alle, die am Sonntag auf der Platte stehen, die werden brennen. Gerade die Spieler, die zuletzt weniger zum Einsatz gekommen sind, wollen ihre Chance nutzen. Ich finde schon, dass wir auch auf der Bank gut aufgestellt sind. Das hat man gegen die Löwen ja auch am Beispiel von Pascal Bührer gesehen, als er für Dominik Mappes reingekommen ist“, sagt Wagner, der mit den neun Derbytreffern auf jetzt 65 Saisontore kommt. In 19 der bisher 20 Spiele ist der 23-Jährige zum Einsatz gekommen. Dass die Mannschaft in Mannheim am Ende mit leeren Händen da stand ärgert den Zwei-Meter-Mann mächtig. „Richtig glücklich kann man nicht sein“, gesteht er bei aller Freude über seine neun Volltreffer: „Wir waren nah dran! Aber dann verwerfen wir in der entscheidenden Phase den ein oder anderen Ball zu viel. Das nutzen die Löwen mit ihren Weltklassespielern dann clever aus.“ Die Frage nach dem Warum beschäftigte Wagner am Tag nach dem Derby merklich: „Insgesamt haben wir ein gutes Spiel gemacht. Wir haben gezeigt, dass wir mithalten können. Wir waren dran, wir halten uns an die Vorgaben, wir sind geduldig im Angriff. Und dann? Das ärgert einen und man macht sich seine Gedanken.“
Super-Max
„Max macht ein super Spiel, Max macht es beim 7:6 überragend“, bescheinigt Torjäger Wagner dem zwei Jahre jüngeren Max Neuhaus eine Top-Leistung. Sechs Treffer verbuchte Neuhaus bei sieben Versuchen. „So ganz glücklich kann man nicht sein, weil am Ende Kleinigkeiten gefehlt haben“, sagt Neuhaus. Der Coach lobte speziell Neuhaus und Wagner für couragiertes, inspiriertes Angriffsspiel bei voller Plantreue. „Ich bin schon zufrieden, dass ich jetzt ein bisschen mehr Spielzeit habe. Ich weiß aber auch, dass es nicht immer so laufen wird, ich weiß, dass es Rückschläge geben wird. Aber es ist schon cool. Ich will meine Chance nutzen, will weiter arbeiten, mich weiter verbessern und werde mich nicht zufrieden geben und zurück lehnen“, sagt Neuhaus, der bis 2023 bei den Eulen unter Vertrag steht. „Lemgo – das wird ein schweres Spiel. Das ist eine sehr gute Mannschaft, gegen die wir uns immer schwer getan haben. Sie verteidigen auf den Halbpositionen sehr hoch, da ist es schwer, durchzukommen“, weiß Neuhaus. Aber er vertraut auch auf die eigenen Stärken, sieht eine Erfolgschance, wenn die eigene Abwehr steht. Neuhaus: „Natürlich wollen wir das Spiel gewinnen. Und wir haben auch das Zeug dazu!“