Heimdebakel für die Eulen Ludwigshafen: Vor 1320 Zuschauern verloren die Gastgeber am Mittwochabend gegen den stark ersatzgeschwächten, aber mental und kollektiv unglaublich starken Dessau-Roßlauer HV 06 26:36 (12:14). Jetzt gilt’s die Krise, die nach vier Spielen gegenwärtig ist, zu meistern! „Ich muss mich heute für die Leistung meiner Mannschaft in der zweiten Halbzeit entschuldigen“, sagte der konsternierte Eulen-Coach Johannes Wohlrab nach der Schlappe. Mit Buh-Rufen und Pfiffen wurde seine Mannschaft von den Fans verabschiedet. Das gab’s in den letzten 30 Jahren Bundesliga höchst selten, sehr selten! Nach drei Niederlagen in Serie steht den Eulen mit 2:6 Punkten das Wasser schon wieder bis zum Hals. Die Dessauer, mit ihrem Maskottchen, dem Biber, angereist, feierten den neuen Trainer Vanja Radic und die Mannschaft. Sie haben nun 6:2 Punkte auf dem Konto – ein Traumstart. Und das mit einer Rumpf-Mannschaft!
Ohne „Momo“
Die Eulen mussten gegen Dessau ohne Abwehr-Ass Mihailo Ilic auskommen. Der 23-Jährige unterzog sich am Tag nach dem 31:33 gegen den TV Großwallstadt einem ambulanten, operativen Eingriff am linken Arm. Wie lange der Mann mit der Nummer 7 pausieren muss, ist noch ungewiss. „Momo“ fehlte gegen Dessau sehr!

Dessau zur Pause 14:12 vorne
Zur Pause führte der Gast 14:12. Selbst in Überzahl wollte den Eulen fast nichts gelingen. Stattdessen kassierten sie das 11:14 durch den starken Linkshänder Nowak. Zuvor scheiterte Tim Schaller, der seine ersten vier Siebenmeter verwandelt hatte, an Philip Ambrosius. Der hatte Janik Patzwaldt im Tor der Dessauer nach 23. Minuten abgelöst. Im Eulen-Tor gab’s den Wechsel schon in der 18. Minute: Žiga Urbič kam für Mats Grupe. Mit seinen drei Paraden bis zur 20. Minute hielt Urbič seine Farben zunächst im Spiel. In Summe verloren die Eulen das Torhüter-Duell am Ende 8:12.
Alex Falk ist zurück
Rechtsaußen Alexander Falk ist nach seinem Fußwurzelbruch zurück. Gegen Dessau stand der 27-Jährige erstmals in dieser Saison im Kader der Eulen, kam aber noch nicht zum Einsatz. Was wohl auch an der starken Offensivleistung von Theo Straub lag: 4 von 5 waren seine beachtliche Ausbeute.

Dessau trotz des Sorgenpakets top
Neben den bereits länger verletzten Rückraumspielern Tomislav Jagurinoski, Julian Drachau und Fritz-Leon Haake fehlte den Dessauern erneut auch der junge Mittelmann Mika Schüler. Kreisläufer Tim Hertzfeld, mit Zweifachspielrecht auch beim Bundesligisten SC DHfK Leipzig gefordert, war dabei, Marcel Nowak wieder fit. Der starke Linkshänder warf acht Tore, genauso viele Treffer verbuchte Yannick Danneberg. Die Eulen fanden kein Gegenmittel! Dessau besserte vor Wochenfrist angesichts der Personalmisere nach, holte Niklas Döbel und Sebastian Bialas aus der zweiten Garnitur des SC Magdeburg. Mittelmann Bialas traf dreimal. Dessau war top!

Bülow spricht Klartext
„Peinlich“ nannte der Ex-Dessauer Vincent Bülow (5 von 7) den Auftritt seiner Mannschaft, die nach dem 16:18 völlig einbrach, völlig auseinanderbrach. Was lief schief, fragte Karsten Knäuper im Dyn-Interview den Regisseur. „Alles – von vorne bis hinten“, sagte Vincent Bülow: „Die laufen einfach durch unsere Abwehr. Das war heute an Peinlichkeit nicht zu überbieten. Das habe ich in dieser Form auch noch nicht erlebt. Es war von vorne bis hinten nichts.“ Mannschaft und Trainer will Bülow an einem Tisch sehen, um Klartext zu sprechen und um zu erkennen, „was für eine Scheiße wir spielen“.

Kapitän Stüber bittet um Entschuldigung
Ins Bild passte, dass Tim Schaller (5/5) mit einem zweiten Siebenmeter an Ambrosius scheiterte, Straubs Wurf in der 57. Minute vom rechten an den linken Innenpfosten klatschte. Auch von der Bank kam wenig bis nichts. Zwei Beispiele: Nici Waldvogel (0 von 2), René Zobel (0 von 3). Wohlrab, der sich für die erbärmliche Leistung der zweiten Halbzeit entschuldigte, erwartet dies auch von seiner Mannschaft: „Die Leute kommen, bezahlen Eintritt, um ein gutes Handballspiel zu sehen …“ Kapitän Freddy Stüber entschuldigte sich beim Spieler-Talk bei den Fans für einen unterirdischen Auftritt des Teams: „In der zweiten Halbzeit sind wir gefühlt jede Minute schlechter geworden.“

Gnadenlose Schlappe
„Mit zehn Toren ein Heimspiel zu verlieren, das geht gar nicht, das ist nicht unser Anspruch“, sagte Marc-Robin Eisel (2 von 4), der schwer und schlecht ins Spiel fand, erst zweimal traf, als die Messe schon gelesen war. Für die Pfiffe hatte er Verständnis. „Gnadenlos“ nannte Theo Straub die Schlappe, der jetzt eine offene Aussprache mit Trainer und Mannschaft erwartet, um in Dormagen „wenigstens ein Spiel der englischen Woche zu gewinnen“.
„Blacky“ leidet
Co-Kommentator von Chefreporter Karsten Knäuper bei der Dyn-Live-Übertragung war Christian Schwarzer, der Handball-Weltmeister von 2007. „Blacky“ machte aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. Da tröstete es auch nicht, dass Sohn Kian mit 4 von 4 eine 100-Prozent-Quote hatte. „Im ersten Spiel hatte man das Gefühl, es geht aufwärts. Es fängt dann leider schon in Krefeld an, wo wir 25:22 führen …“, erinnerte Schwarzer an die Niederlage beim Aufsteiger. Schwarzer: „Letztes Jahr haben wir die Klasse durch die Heimspiele gehalten. Da haben wir daheim gegen sehr gute Gegner gewonnen. Jetzt haben wir zwei Heimspiele verloren. Denen wirst du die ganze Saison hinterherlaufen.“

Lotto-Bild mit Žiga und Lars
Mit unserem Partner Lotto Rheinland-Pfalz hatten wir beim Dessau-Spiel 15 Gäste der Nordringschule Landau, einer Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen, zu Gast. Am Ende gab’s das obligatorische Abschlussbild mit Eulen-Schlussmann Žiga Urbič und Kreisläufer Lars Röller zierten.

Am Samstag in Dormagen
In drei Tagen wird die „englische Woche“ der Eulen abgeschlossen: Stüber und Co. sind am Samstag (18 Uhr) zu Gast beim TSV Bayer Dormagen. Die junge Bayer-Mannschaft ist mit 0:6 Punkten wohl Zweitliga-Schlusslicht, hat aber am Montag bei der 27:30-Niederlage bei der HSG Nordhorn-Lingen gezeigt, dass sie Talent besitzt. „Wir müssen eine Reaktion zeigen“, fordert Trainer Wohlrab.
Fotos: Harry Reis