Ein Aufsteiger, der kein typischer Neuling ist

09.12.2021 09:18 // hk

Dieser Aufsteiger ist kein typischer Neuling: Der VfL Eintracht Hagen mischt die Zweite Liga auf und rangiert mit 21:9-Punkten auf Platz drei. Das macht schon deutlich, auf welches Großkaliber sich die Eulen im „heißen Westen“ einstellen müssen. Die Partie in der Krollmann Arena leiten Philipp Dinges aus Stutensee und Tobias Schmack aus Stuttgart. SportDeutschland.TV überträgt live ab 19.15 Uhr. Anwurf: 19.30 Uhr.

Vorlicek und Norouzi verstärken Hagen

Lange Zeit, die Montags-Gala gegen den VfL Gummersbach, den 30:25-Sieg gegen den Zweitliga-Primus zu genießen, blieb nicht. Die Dienstreise, vier Tage später schon nach Hagen, erfordert höchste Konzentration – das beginnt bei der Regeneration, der Pflege, dem Videostudium und der spieltaktischen Vorbereitung auf eine Spitzenmannschaft. „Das ist ein sehr schweres Auswärtsspiel! Hagen hat Essen und Gummersbach geschlagen …“, verdeutlicht Eulen-Coach Ceven Klatt. „Zwei Schlüsselspieler“ in Top-Form macht Klatt in Philipp Vorlicek und Pouya Norouzi aus. Diese beiden Sommerzugänge haben Bundesligaerfahrung mit nach Hagen gebracht. Vorlicek, der auf halbrechts seine Torjägerqualitäten ausspielt, kam von der HSG Nordhorn-Lingen zum ambitionierten Aufsteiger. Den Iraner Norouzi, auf der Spielmacherposition und Halblinks am Ball, holten die Hagener aus Coburg. Vorlicek ist mit 96 Toren, allesamt Feldtore, Vierter der Torjägerliste. Sie wird von Patrick Schmidt (Rimpar Wölfe) mit 101/37 und dem der Ex-Ludwigshafener Dominik Mappes (TV Hüttenberg) mit 101/16 angeführt. Ihnen folgt Savvas Savvas (TV Großwallstadt) mit 98/11. Hendrik Wagner von den Eulen hat 91 Tore auf dem Konto, aber beispielsweise zwei Spiele weniger gespielt als Vorlicek mit Hagen.

Zwei Ex-Eulen bei der Eintracht

Zwei ehemalige Friesenheimer stehen im Kader von Hagens Trainer Stefan Neff (35). Linkshänder Jan-Lars Gaubatz, inzwischen 32, kam 2008 aus der Akademie des VfL Gummersbach zur TSG Friesenheim, war beim Bundesliga-Aufstieg 2010 dabei und ging nach dem Abstieg 2011 zurück nach Gummersbach. Seit 2016 steht er bei Eintracht Hagen unter Vertrag. An die Eintracht hat sich bis 2024 Alexander Becker gebunden. Den 30-Jährigen sieht Eulen-Coach Klatt als herausragenden Abwehrchef des forschen Aufsteigers. Der Kreisläufer kam 2010 von den Rhein-Neckar Löwen nach Friesenheim, wechselte zwei Jahre später zum TV Neuhausen, dann nach Gummersbach. 2020 heuerte Becker in Hagen an.

Dank an die tollen Fans

Zwei im Kader der Eulen kennen Becker und Gaubatz aus gemeinsamen Zeiten: Christian Klimek und Gunnar Dietrich. Den großartigen Auftritt der Mannschaft beim 30:25-Sieg gegen Spitzenreiter VfL Gummersbach versetzte auch Dietrich, den Kapitän, in Hochstimmung. „Den Montag haben wir – zusammen mit unseren Fans – genossen. Die Leistung macht uns stolz“, sagt der 35-Jährige, der im Top-Spiel eine Top-Leistung ablieferte. Und das nicht nur als Taktgeber in der Abwehr. „Gunnar hat auch für das Tempospiel nach vorne ganz viel getan. Er ist nach wie vor ganz wichtig durch seine Leistung, durch die Emotionen, durch die gute Stimmung, die er reinbringt“, lobt sein Trainer. Die starke Leistung der Abwehr gegen Gummersbach – für Dietrich der Maßstab für all das, was noch kommt. „Das muss es sein, das haben wir viel besser gemacht als zuvor – auch mit Unterstützung durch eine herausragende Torhüterleistung. Das gab die nötige Sicherheit. Die Abwehrarbeit war so richtig gutl“, schwärmt der Routinier. Dankbar ist er den Fans – einmal mehr. Pandemie bedingt durften nur 705 in die Halle. Und die machten sie trotzdem zur Ebert-Hölle. Gunnar Dietrich: „Das ist das Besondere. Wenn weniger Fans kommen dürfen, sind die anderen umso lauter. Sie haben uns maximal unterstützt!“

„Günnes“ – eine Eule durch und durch

Gunnar Dietrich weiß, dass am Freitag eine hohe Hürde auf seine Mannschaft wartet. „Das ist kein klassischer Aufsteiger. Hagen hatte schon in der Dritten Liga einen Zweitliga-Kader, der im Sommer nochmals mit erfahrenen Spielern verstärkt worden ist“, erklärt „Günnes“. Er kennt die imposanten Resultate des VfL Eintracht. „Gegen die Top-Teams der Liga haben sie maximale Leistungen gebracht. Um da zu bestehen, muss bei uns jeder zünden. Und ein bisschen Glück braucht man auch, um in so einem Spiel zu bestehen“, sagt Dietrich. Wer ihn in seinem dritten oder vierten Frühling verteidigen sieht, zuletzt auch gegen Gummersbach ein Solo erfolgreich abschließen sah, der ist beeindruckt. Wer ihn regelmäßig im Training beobachtet, schätzt die absolute Professionalität des Routiniers. Die Freude am Spiel treibt ihn an. Weiter, immer weiter! 2008 kam der junge Dietrich von Tusem Essen zur TSG Friesenheim. 2011 wechselte „Günnes“ zu TBV Lemgo, kehrte zwei Jahre später zurück nach Ludwigshafen. 2010, 2014 und 2017 ist er mit den Eulen in die Bundesliga aufgestiegen. Seit viereinhalb Jahren ist der Mann mit der Nummer 8 als Nachfolger von Philipp Grimm Eulen-Kapitän. „Das ist mein Verein, hier bin ich zuhause“, sagt der 2,03 Meter große ehemalige Junioren-Nationalspieler. Er ist in der Stadt daheim, arbeitet nach Abschluss seines Controlling-Studiums 25 Stunden in der Woche bei den Technischen Werken Ludwigshafen (TWL). Dort sieht er auch seine berufliche Zukunft nach Ende der sportlichen Karriere, wann immer das sein wird. Mit seiner Frau, die beim TV Edigheim Handball spielt, und den Zwillingsmädchen, ist „Günnes“ in Ludwigshafen daheim. Handball ist noch immer seine Leidenschaft. „Ich habe Spaß mit der Truppe, ich fühle mich wohl. Die Jungs geben Gas“, schwärmt der Team-Senior vom ultimativen Miteinander.

In der Abwehr Selbstvertrauen tanken

Der Erfolg am Montag bei der grandiosen Vorstellung gegen Tabellenführer Gummersbach macht Trainer Klatt vor allem an der Abwehrleistung, an der Grundeinstellung der Mannschaft fest. Die will der Coach immer sehen – nicht nur in Spielen gegen Liga-Elite. Das Resultat, das Spiel gegen den VfL mag er trotz aller Freude, bei aller Fan-Euphorie nicht überbewerten. „Es war ein Spiel … Wenn wir zehnmal so spielen…“, sinniert Klatt. Er sah einen klasse arbeitenden Deckungsverbund. Rechts mit einem sehr, sehr wachen Alex Falk, im Innenblock eine „Festung“ mit Max Haider an Dietrichs Seite, ganz links Jannik Hofmann. „,Hoffe‘ hat sein bisher bestes Saisonspiel in der Abwehr gemacht“, lobt Klatt den Linksaußen. Klatt: „Durch eine couragierte Abwehr, verbunden mit einer guten Torhüterleistung, holen wir uns das Selbstvertrauen, um vorne erfolgreich zu sein. So haben wir unsere 18 Tore in der ersten Halbzeit gegen Gummersbach gemacht, am Ende klar gewonnen. Das darf man dann auch mal genießen.“ Seit Dienstag aber ist der Blick schon wieder nach vorne gerichtet. Nächste Ausfahrt: Hagen. Alle wissen: Die Sonne von gestern wärmt am Freitag nicht mehr …